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Back to the Urban Roots

Der Trend "Microgreens" hat nun endlich auch Salzburg erreicht. Seit Ende Januar haben die Brüder Robin und Ronny ihre Gemüsefarm Urban Roots im Glanbogen in Salzburg geöffnet. Dort züchten sie die sogenannten Microgreens - das sind Gemüsepflanzen im Babystadium. Im Interview erzählt uns Robin mehr über ihr Projekt, die aktuelle Situation und wie wichtig ihm Nachhaltigkeit ist.



Robin, du warst vorher Barchef im Halfmoon. Wie kamst du dazu, dich als Gärtner zu versuchen?

In den Sommerferien war ich immer bei meinem Taufpaten am Bauernhof und habe da beim Heu machen geholfen. Ich hatte also als Kind schon landwirtschaftliche Wurzeln. Das hat sich dann mit den Jahren verloren. Ich war lange in der Gastronomie und habe im Verkauf bei Vöslauer gearbeitet. Erst ab 2016 sind wir wieder mehr in die Materie eingestiegen, mein Bruder schon früher als ich. Er hat schon viel selbst angebaut und sich damit auch selbst versorgt, während ich einfach nur ein bisschen gegartelt habe. Interessiert hat es uns aber beide und wir haben mit den Microgreens angefangen. Wir haben irgendwann so viel geerntet, dass wir unsere Nachbarn mitversorgt haben. Ein befreundeter Unternehmensberater hat uns dann darauf aufmerksam gemacht, doch nicht alles zu verschenken, sondern uns selbstständig zu machen. Ende 2019 haben wir unsere Firma gegründet. 


Wie sah euer Start aus?

Wie viele Unternehmer haben auch wir ganz klein im Keller angefangen. In einem 16 Quadratmeter großen Raum in der General-Keyes-Straße, wo ich auch wohne. Das war perfekt für uns und wir konnten bis zu 40 Kunden mit unserem Anbau auf dieser kleinen Fläche versorgen. Den Vertrag für unser Geschäft im Glanbogen haben wir Ende Januar diesen Jahres unterschrieben und zusätzlich gibt’s noch unsere Outdoor Farm mit 300 Quadratmetern. 


Was sind denn eigentlich Microgreens und was macht diese so besonders?

Microgreens sind Babypflanzen. Es ist ein Überbegriff für Produkte wie zum Beispiel Kresse, Radieschen, Koriander, Salat oder auch Brokkoli im Babystadium. Diese Pflanzen schmecken viel intensiver und haben weitaus mehr Nährstoffe als die Ausgewachsenen. Ein Brokkoli Microgreen besitzt zum Beispiel ein 40-faches an Nährstoffen wie sein ausgewachsener Bruder. Microgreens sind also extrem gesund.



Ihr habt euren Laden während der Coronazeit eröffnet. War das Zufall oder Absicht?

Geplant war die Eröffnung eigentlich erst im Spätsommer. Da wir aber im Glanbogen die perfekte Location gefunden hatten, haben wir den Vertrag dann schon Ende Januar unterschrieben. Corona kam leider genau dazwischen. In einer Woche sind uns so knapp 40 Kunden weggebrochen, da die Gastronomie ja komplett ausfiel. Zum Glück haben wir einen super Vermieter und auch noch genug Rücklagen. Uns war immer wichtig, dass wir alles bar bezahlen und keine Schulden aufnehmen. Gleichzeitig haben wir viele private Kunden. Also alles in allem läuft es gut. Wir merken zudem, dass sich gerade jetzt viele mit gesunder und nachhaltiger Ernährung befassen. Das sehen wir als großen Pluspunkt, auch für unsere Zukunft.


Wie seht ihr die aktuelle Situation generell?

Grundsätzlich positiv. Wenn es wieder bergauf geht, kommen die Leute ja wieder zurück. Zwar sind unsere Microgreens in der Gastronomie hauptsächlich Dekoration, auf die viele anfangs eher verzichten werden, um Kosten zu sparen. Wir merken allerdings, dass sich Menschen jetzt auf das Wesentliche zurückbesinnen, regional kaufen, umdenken, nachhaltiger handeln und sich fragen woher Lebensmittel kommen. Ich hoffe, das bleibt auch künftig so. Wenn ich für mich spreche gebe ich zu, dass ich Avocados und Bananen immer daheim habe, obwohl sie gar nicht nachhaltig sind. Allerdings kaufe ich sonst alles saisonal und regional. Es ist für mich zum Beispiel unverständlich, wenn ich am Bauernmarkt Tomaten aus Spanien oder Gurken aus den Niederlanden kaufen kann. Das ist kein regionaler Bauernmarkt. 


Was ist an eurer Arbeit nachhaltig?

Wir bauen biologisch an, das heißt, die Samen wachsen in - mit Kokosfaser ausgelegten - Boxen und werden nur mit Wasser gegossen. Sonst kommt nichts an die Pflanzen, keine speziellen Dünger und keine Pestizide. Wir haben zwar kein Biosiegel, aber bauen biologisch an. Unsere Samen und Pflanzen beziehen wir überwiegend von Höfen und auch der Schranne, die selbst biologisch anbauen. Wir kennen die Bauern und wissen, wie sie arbeiten. Unsere Pflanzen wachsen auf Platten aus Polypropylen. Das ist zwar Plastik, aber recyclebar. Für die privaten Haushalte werden biologisch abbaubare - kompostierbare Schalen verwendet. Die Kunden zahlen uns einen Pfand von vier bis fünf Euro, ernten die Microgreens und geben uns die Schalen wieder zurück. Wir reinigen sie und verwenden sie wieder. Kaputte Schalen nehmen wir auch zurück und recyceln sie. Am liebsten wäre uns natürlich, wenn wir die Schalen aus nachwachsenden Rohstoffen selbst produzieren könnten. Dafür fehlen uns aktuell aber das Geld und auch eine gute Idee für die Umsetzung, um den Preis für die Microgreens nicht allzu sehr in die Höhe zu treiben.


Du und dein Bruder Ronny arbeitet als Familie zusammen, klappt das immer einwandfrei?

Also als Familie zusammenzuarbeiten birgt natürlich Konflikte, das kennt glaube ich jeder, der schon mal Teil eines Familienbetriebes war. Wir haben die Firma 50:50 aufgeteilt, entscheiden aber trotzdem alles gemeinsam. Klar gibt es Tage, an denen man sich auf die Nerven geht, bei uns hat aber jeder seinen Part und trotzdem macht jeder alles. Ich bin mehr im Verkauf, spreche mit Händlern und Kunden. Ronny ist eher derjenige, der mehr in der Anbaumaterie drin ist. Er kennt sich besser aus, welche PH-Werte eine Pflanze braucht. Er ist der Biologe von uns beiden, ich eher das Sprachrohr. 



Was sind eure Wünsche für die Zukunft?

Wir sind eher die Typen, die einfach schauen, wohin es führt. Mein Bruder liebt es, direkt auf Märkte zu gehen und dort die Produkte zu verkaufen. Ich hingegen mag den Kontakt mit der Gastronomie und auch das Ausliefern der Produkte. Einfach mehr unterwegs sein. Mein Bruder hat eine eigene Feigensammlung, ich will künftig seltene Pilze züchten. Uns ist wichtig, dass wir unter einem Dach arbeiten, aber trotzdem jeder seinen eigenen Interessen nachgehen kann. Wir leben von Jahr zu Jahr und so haben wir auch unsere Verträge abgeschlossen. Immer mit der Möglichkeit, die Zelte abzubrechen und neu zu starten. Unser Traum ist ein großer Hof, wo wir leben und auch arbeiten, also keine Wege mehr zur Arbeit zu haben. Wir sind beide sehr familienbezogen, ich habe ein 7 Monate altes und ein 15-jähriges Kind, mein Bruder eine zweijährige Tochter. Wir sind Vollblutpapas. Unser Ziel ist es, 25 bis 30 Stunden pro Woche zu arbeiten und so viel zu verdienen, das wir nicht jeden Cent umdrehen müssen und einfach gut leben können. Glücklich sein, frei sein und offen für Neues, das macht uns aus.



Schaut man sich auf Instagram um, sind Pflanzen quasi die neuen Haustiere. Wie seht ihr das und wohin wird uns die Pflanzenliebe noch führen?

Ich glaube, das ist ganz einfach erklärt: Die meisten haben jetzt mehr Zeit. Es ist schön, etwas wachsen zu sehen, etwas selbst zu produzieren. Wir möchten nicht nur vorm Fernseher sitzen - lesen wird mit der Zeit langweilig. Wir möchten produktiv sein. Ich musste über mich selbst schmunzeln, als ich pünktlich um acht Uhr bei der Wiedereröffnung mit zig anderen vorm Bauhaus stand und endlich wieder für den Garten einkaufen konnte. Viele bauen jetzt ihr eigenes Gemüse an, besinnen sich auf das Wesentliche, auch auf das Einfache. Zurück zu den Wurzeln sozusagen.


 

Infobox:

Urban Roots findet ihr im Glanbogen

General-Keyes-Straße 40a im Erdgeschoss

Die Öffnungszeiten sind aktuell Montags und Donnerstags von 8.00 – 10.00 und 16.00 – 18.00 Uhr

Die beiden könnt ihr unter 0660/3802818 oder info@urbanroots.at erreichen. Während an der Website noch gebastelt wird, informieren euch die beiden über alles Aktuelle auf Facebook und Instagram.

Am Kanal von Ronny gibt’s außerdem einen Blick hinter die Kulissen.


Übrigens: Das Kennenlernpaket Immunbooster gibt’s um 6,50 Euro. Da drin enthalten sind zweierlei Radieschen, Daikonrettich und Erbse.



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